Über das Graz Grammar Picó Sound System
Picós stammen ursprünglich aus Kolumbien und sind portable, massiv ausgeführte, buntbemalte, musikspielende „Holzkisten“ auf Rollen. Die Sound-Systeme haben sich aus der Kultur der Afro-Diaspora in Barranquilla und Cartagena, beides Hafenstädte an der Karibikküste, entwickelt. Das Graz Grammar Picó Sound System ist eine Idee des Künstlers Roman Klug und als Gesamtkunstwerk gelebte Urban Street Culture.
Musikalisch (re-)präsentiert es primär World Music, World Beat sowie Black, Latin & Caribbean Music. Das Graz Grammar Picó Sound System zeigt sich aber auch offen für andere musikalische Spiel- und Lesarten vornehmlich nicht-westlich zentrierter und außereuropäischer Rhythmik und Klangbilder. Dabei wird bewusst eine Kunstform, die ursprünglich aus einer marginalisierten Subkultur stammt, in ihrer Vielfalt und Schönheit zelebriert. In diesem Sinne ist das Musikmachen und -hören, Feiern und Tanzen, Ausdruck eines Lebensgefühls, einer Lebenseinstellung, die Menschen in ihrer unterschiedlichen kulturellen Herkunft und Individualität anerkennt, Gemeinschaft stärkt und Austausch fördert.
Das Graz Grammar Picó Sound System ist an der Frontseite mit einem dreiteiligen Gemälde versehen. Die bemalte Stoffbespannung dient einerseits dem Schutz der Lautsprecher und andererseits zeigt sie – wie bei den traditionellen Picós – eine Darstellung, die das Thema des Sound Systems bildlich interpretiert. Jeder Picó (re)präsentiert damit nicht nur eine Sound-, sondern auch eine besondere Bildvorstellung. Der Picó wird mit Persönlichkeitsattributen ausgestattet, die ähnlich wie eine „Marke“, einem „Logo“ oder „Branding“ den Namen und „Charakter“ des Picós zeigen sollen.
Der Langname des Graz Picó Sound System ist „La Gran Amazona Magiar – Caja del Ritmo“ (span. für „Die große, ungarische Amazone – Kiste des Rhythmus“). Als Kurzform wurde die Abkürzung „Graz Grammar Picó“ gewählt. Sie leitet sich von folgender Buchstabenkombination ab: „La GRan AMazona MAgiaR“. Der Begriff „Grammar“ passt, englisch gelesen, zur inhaltlichen Konzeption. So versteht sich dieses Soundsystem als „Grammatik“ der Sprache des urbanen Lebens, der lebendigen Stadt. Die Gestaltung der Vorderseite ist ein „work in progress“ und der Beginn einer Serie. Die Rahmen mit der Stoffbespannung sind wechselbar. Jährlich werden Künstler*innen beauftragt, sich mit der Bildgebung ausgehend vom Namen und der Rolle des Picós neu auseinanderzusetzen.
So kann das Stoffgewebe zukünftig Fotos, Grafiken, Zeichnungen präsentieren oder als Projektionsfläche für diverse Medien dienen. Umsäumt wird das Triptychon von gut 170 LED-Lämpchen in den Farben rot, gelb, blau, grün und weiß. Sie bringen als „Lichtorgel“ in der Nacht einen augenkitzelnden sowie augenstreichelnden Effekt. Insgesamt trägt die Dramaturgie aus Licht, Sound, Musik, Atmosphäre und dynamischer Interaktion/Bewegung zu einer holistischen Erfahrung bei. Der Tanz, das gemeinschaftlich ekstatische Erleben, versteht sich als Kernziel des Projektes. Er wird zelebriert, angetrieben von „der Göttin:dem Gott der aus der Musik-Maschine“ kommt, sprich: der „deus ex machina musica“.
Text: Roman Klug
Consuelo Mendez spricht über ihre künstlerischen Praxis und die Arbeit an der künstlerischen Gestaltung des Graz Grammar Picó Sound System für das Jahr 2025:
Ich arbeite seit Jahren kontinuierlich in der bildenden Kunst und interessiere mich besonders für Zeichnung, Performance, Fotografie, Wandmalerei sowie die Entwicklung von Buchobjekten und Arbeiten auf Papier. Darüber hinaus wird Zeit in Bildern, Worten und Gesten in Tagebüchern und Notizbüchern festgehalten und gespeichert, die viele Jahre zurückreichen. Die Beziehung zwischen Körper und bildender/plastischer Kunst hat in meinem Ausdruck und meiner Pädagogik an Bedeutung gewonnen und setzt Maßstäbe für den kreativen Forschungsprozess.
Im Grunde bin ich eine Zeichnerin. Ich betrachte die Welt, als würde ich sie kratzen, krallen, zerbrechen, markieren, auswaschen, skizzieren, ordnen und zertrümmern. Ich bewege mich zwischen Bildern, die ich erfinde und die mich erfinden. Ich würdige die Geschöpfe, die mich geschaffen haben, und andere, die meine Instrumente zum Sprechen verleiten und meine Fähigkeiten herausfordern. Ich gehe von der Zeichnung als Struktur aus, die meine Menschlichkeit verwebt und die Grundlage meines Ausdrucks bildet. Die Kamera ist ein Instrument, das meinen Blick auf die Welt um mich herum festhält, insbesondere auf die urbane Natur. Als Künstlerin werde ich mir täglich des Beziehungsgeflechts mit meiner Umwelt bewusster und drücke durch meine künstlerischen Referenzen auf meine Umgebung, ob imaginär oder materiell, meine Gefühle, Gedanken und Wahrnehmungen aus.
Es gibt verschiedene Bewusstseinsebenen, individuelle und/oder kollektive Umgebungen, in denen wir funktionieren und leben. Alles hängt vom Fortschritt der Arbeit und den Kontexten ab, in denen wir interagieren. Ständig wird über die Verantwortung von Künstler*innen und ihr gesellschaftliches Engagement gesprochen, und ich finde, wir sollten auch über das Engagement der Gesellschaft und ihrer kulturellen Institutionen für die Künstler*innen sprechen. Wir leben in einem komplexen sozialen Kontext, in dem Reflexion immer notwendiger wird, um Alternativen für die soziale Interaktion zwischen Künstlern, der Kunst und der Gesellschaft selbst zu finden.
Dieses Projekt für das Graz Grammar Picó Sound System forderte mich zu einer Art der Zusammenarbeit heraus, in der meine Bilder anders gezeigt werden als in bisherigen Erfahrungen und Kontexten. Ich habe diese Bilder mit Begeisterung geschaffen, im Wissen um ihre zukünftige Verbindung zu Klang, Bewegung und Tanz an verschiedenen Orten und in verschiedenen Formen der öPublkikumserfahrung. Mir gefiel die Idee, Teil einer reisenden Klangbox zu sein, die andere erfreut.
Das Bild ist eine visuelle Collage, die sich um fünf miteinander verbundene Figuren dreht:
• zwei Vögel: Einer fliegt und blickt herab; der andere, am Boden, beobachtet von seiner Ecke aus die farbenfrohe Szene.
• ein imaginäres vierbeiniges Wesen, das freudig und voller Ehrfurcht nach links geht.
• zwei menschliche Figuren, die sich gegenüberstehen, mit gemischten imaginären Eigenschaften, die sich möglicherweise in ein stilles Gespräch vertiefen.
Die Komposition ist durch Elemente der Natur verbunden, die gezeichnet und gemalt wurden, um sie als Hintergrund zu füllen und zusammenzuhalten. Am Horizont verbindet eine Bergkette Erde und Himmel. Das Bild könnte die Verbindung von Mensch und Natur symbolisieren. Wir sind Teil der Natur, und uns wurde das Gegenteil eingeredet. Die Welt ist verletzt und zerbrochen, hauptsächlich aufgrund unserer unbewussten Haltung gegenüber dem Planeten Erde, seinen Arten und Wundern. Die Erde ist unsere Mutter und unser einziger Raum. Dennoch überlasse ich die Interpretation meiner Arbeit gerne denen, die sie sehen und fühlen, was ihnen dabei in den Sinn kommt. Farbe ist in meiner Kunst und meinem kreativen Ausdruck sehr wichtig. Zudem biete ich Farben, die ich selbst herstelle. zum Erwerb an.
Text und Foto: Consuelo Mendez